Käferclub Obergrafendorf

Der Fittipaldi-Käfer

Eine der Attraktionen des Oldtimertreffens von Agua Lindenow, Brasilien war der Fittipaldi 3200, besser bekannt als Fittipaldi Käfer mit zwei zusammengehängten VW-Motoren aus dem Jahre 1969. Nelson Brizzi (Chefmechaniker), Ari Leber (Karosserie-Design), Divila Ricardo (Fahrwerk-Design), Darci Fittipaldi (Bruder von Emerson Fittipaldi) und Joseph Deusdedith entwickelten das Auto in einer Rekordzeit von 30 Tage.
Die beiden VW Motoren wurden über eine elastische Kupplung aus Gummi zu einem Achtzylinder-Motor mit 3,2-Liter Hubraum und 400 PS verbunden. Das 5-Gang-Getriebe stammt vom Porsche 550/1500 RS. Angetrieben wurde das Auto, wie es in Brasilien seinerzeit üblich war, durch Methanol.Die Karosserie ist komplett aus GFK aufgebaut und wiegt insgesamt 17 Kilogramm. Das gesamte Auto bringt 420 kg auf die Waage. Dies bedeutet rund 1 PS pro Kilo. Das brachte acht Siege in 15 Rennen zwischen 1969 und den frühen 70ern.

Erste Testfahrt in Interlagos

Heute gehört der Fittipaldi Käfer Zuffo Motorsport. Er steht als Dauerleihgabe im Museum von Agua Lindenow JORM von São Paulo-SP. Lange Zeit war das Schicksal des Fittipaldi Käfer unklar. Nach dem Weggang von Fittipaldi nach Europa, startete damals der Rennfahrer Celso Adu einige Tests mit einem neuen Triebwerk. Offensichtlich waren die Testfahrten nicht zufriedenstellend. So wurde das Auto kurzerhand an eine Flugschule in Interlagos in Sao Paulo verkauft. Danach verschwand der Käfer vollkommen von der Bildfläche. Experten sind sich bezüglich des präsentierten Fitti Käfers nicht ganz sicher. Es gibt Stimmen, die von einer Reproduktion ausgehen. Dafür sprechen zahlreiche Details an der Karosserie, die sich vom Original unterscheiden sollen. Wie dem auch sei, der Käfer ist allemal sehenswert.

Der Fittipaldi-Käfer in Agua Lindenow 2012

Vergleicht man Bilder von 1969 mit den aktuellen Aufnahmen, so ist klar erkennbar, dass die Windschutzscheibe damals stärker geneigt war und hinter der Dachkante verankert war, um den Eintritt des Luftstromes zu begünstigen. Frische Luft strömte offensichtlich über dem Kopf des Fahrers in die Öffnungen, die hinter Fahrer und Beifahrer angebracht sind.

Wie alles Begann
Es war im Jahre 1969, als Emerson Fittipaldi gerade bei Rennen in Europa war (damals noch Formel 3). Sein Bruder Wilson Fittipaldi, Nelson Brizzi (Chefmechaniker), Ricardo Divila (Fahrwerk-Design) und Ary Leber (Karosserie-Design) bauten einen Prototyp Motor auf Basis eines Alfa Romeo. Als Emerson Fittipaldi im November zur Mille Milla nach Jacarepagua (bei Rio de Janeiro) kam, war das Auto noch nicht einsatzbereit. Als die Zeit knapp wurde, griff das Team kurzerhand zu einem abenteuerlichen Plan. Das Rezept war einfach: Die Grundlage bildete ein VW Chassis, das modifiziert wurde. Ein Rohrrahmen bildete den Fahrerkäfig. Zwischen den Achsen wurden zwei Boxer-Motoren (ergibt 8 Zylinder) verbunden. Die Kraftübertragung erfolgt über eine Art elastische Kardanwelle, die Spiel-und Fluchtungsfehler "zwischen den beiden Motoren auszugleichen vermochte.

Insbesondere im Hinblick auf das zentrale Zündsystem, war es notwendig, die Kurbelwellen 90° zueinander anzuordnen. Nur so ist es möglich, dass jede ¼ Umdrehung der richtige Funke zündet. Das Abgas der acht Zylinder mündet in eine zentrale Abgasanlage. Die Länge der Krümmer wurde speziell auf die Motorenkombination abgestimmt. Bei der ersten Testfahrt in Interlagos entstand spontan eine kleine Menschenmenge um das Auto. Der Lärm der Motoren nur eines Käfers war außerordentlich.

Das 5-Gang-Getriebe stammt vom Porsche 550/1500 RS. Der Adapter wurde von Nelson Brizzi entwickelt. Die Vorderradaufhängung des Fittipaldi Käfer stammt vom Porsche mit Drehstabfedern. Die Technik für die Hinterräder wurde der Formel V entliehen. Nur die Länge der Schraubenfedern bzw. der Dämpfer wurde etwas angepasst. Die Leichtmetallräder aus Magnesium hatten neun Zoll vorn und 10 Zoll hinten. Sein erstes Rennen in Rio gewann der Käfer noch mit Trommelbremsen, weil für ordentliche Scheibenbremsen zu wenig Zeit war. Das Auto überquerte die Ziellinie mit den ersten Slicks, die jemals in Brasilien zum Einsatz kamen, vor einem Alfa P33 und einem Ford GT 40!
Für die neue Karosserie wurde ein Käfer mit Fiberglas beschichtet und danach die Blech-Form entsorgt. So entstand innerhalb von zwei Tagen eine einteilige GFK-Karosserie in Käfer-Form mit einem nach oben klappbaren Heckteil und einem Gesamtgewicht von nur 17 kg. Da die Außenhaut hauchdünn und empfindlich ist, durfte das Auto nur von Teammitgliedern geschoben werden, um Schäden zu verhindern.

Die Windschutzscheibe ist so montiert, dass zwischen Dach und Oberkante der Windschutzscheibe ein Spalt entstand, der den während der Fahrt eindringenden Fahrtwind direkt zu den vier Öffnungen führte, welche die beiden Motoren mit Frischluft versorgten. Die Luft wurde mittels flexibler Schläuche direkt zu den Motoren bzw. zu den Zylinder-Paaren geführt. Durch die hohen Geschwindigkeiten während des Rennens entstand ein relativ hoher Luftdruck, der es aber notwendig machte, den Dachbereich und die Türen zu verstärken. Andererseits hatte der Lufteinlass oberhalb der Windschutzscheibe auch eine verbesserte Aerodynamik zur Folge.

Hinter Fahrer und Beifahrer war eine Art Brandschutzmauer, die den Fahrgastraum vom Motorraum trennte und damit für etwas Sicherheit und Komfort sorgte. Kurios in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass unter den Sitzen ein zweiter Tank untergebracht ist.
Beide Motoren wurden mittels Okrasa Kits auf 2,2 Liter Hubraum erweitert. Spezielle Nockenwellen, Kurbelwellen, vier Doppel-Weber Vergaser 45 und Zusatz-Ölkühler in der vorderen Stoßstange komplettieren das Antriebsaggregat. Die Gebläsekasten wurden entfernt. Die Kühlung erfolgt direkt über die flexiblen Schläuche. Der Brennstoff Methanol und war Nelson schätzt, dass die Motoren mit jeweils mehr als 200 PS (400 PS insgesamt), die mit 412 kg im fahrbereiten Zustand kombiniert, gaben einen guten Leistungsgewicht hatte.

Das Debüt
Das Auto feierte orange lackiert mit einem weißen Band an der Seite mit dem Schriftzug „Fittipaldi“ sein Debüt in Interlagos im November 1969. Ziel des ersten Einsatzes war die Qualifikation für die 1000 Meilen von Guanabara. Wilson Fittipaldi schaffte die drittschnellste Runde hinter einem Alfa 33 und einem Ford GT 40 und platzierte sich noch vor einem Lola und einem AC!

Wilson Fittipaldi, Victor de Pedro und Ricardo Lam

Wilson Fittipaldi, Victor de Pedro und Ricardo Lamare Divila vor dem Rennen rund um das Stadion Mineirão, B. Horizont

Der Fittipaldi Käfer hat sein erstes Rennen nicht beendet. Am 18. November 1970, lief der Käfer in einem Rennen rund um das Mineirão Stadion in Belo Horizonte. Diesmal war es die Gummidichtung Giubo -, die die beiden Motoren vereint, ein Problem, das im Lauf der darauffolgenden Saison mehrmals auftauchte.